Liberal-adogmatische Freimaurerei
Die Freimaurerei ist eine traditionsreiche Gemeinschaft, die auf ethischen und humanistischen Werten basiert. Innerhalb dieser Bewegung haben sich verschiedene Strömungen entwickelt, von denen die liberal-adogmatische Freimaurerei eine besondere Rolle einnimmt. Sie entstand im 19. Jahrhundert als Reaktion auf dogmatische Praktiken innerhalb der Freimaurerei und legt den Fokus auf individuelle Freiheit, Toleranz und eine rationale Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und philosophischen Themen. Mit Werten wie Laizität, Gleichheit und Offenheit prägt diese Strömung die Freimaurerei bis heute.
Definitionen
Liberalität in der Freimaurerei
Unter Liberalität versteht man in der Freimaurerei eine offene und progressive Haltung gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen. Sie betont die absolute Gewissensfreiheit, fördert offene Diskussionen und engagiert sich aktiv in sozialen und politischen Bereichen. Liberale Freimaurerlogen akzeptieren Mitglieder unabhängig von deren religiösen oder philosophischen Überzeugungen, einschließlich Atheisten und Agnostikern, und setzen sich für Gleichberechtigung und Vielfalt ein. Zudem fördert die Liberalität die Laizität, also die Trennung von Religion und Staat, und unterstützt die Prinzipien der Säkularität.
Adogmatismus in der Freimaurerei
Adogmatismus bezeichnet die Freiheit von dogmatischen Verpflichtungen innerhalb der Freimaurerei. Adogmatische Logen verzichten auf spezifische Glaubenssätze oder die Anerkennung eines Höchsten Wesens. Mitglieder genießen die Freiheit, Symbole und Rituale individuell zu interpretieren. Dieser Verzicht auf Dogmen schafft Raum für freien Gedankenaustausch und Reflexion ohne ideologische Einschränkungen.
Liberalität und Adogmatismus sind eng miteinander verknüpft und schaffen gemeinsam eine pluralistische und tolerante Gemeinschaft.
Prinzipien der liberal-adogmatischen Freimaurerei
1. Absolute Gewissensfreiheit
Keine verbindlichen Glaubenssätze: Es gibt keine dogmatischen Vorgaben. Mitglieder werden unabhängig von ihren religiösen oder philosophischen Überzeugungen akzeptiert.
Individuelle Interpretation: Symbole und Rituale können persönlich gedeutet werden, was die individuelle spirituelle Entwicklung fördert.
Bedeutung der Absolutheit: Die absolute Gewissensfreiheit räumt jedem Mitglied das uneingeschränkte Recht ein, seinen Glauben und seine Überzeugungen frei zu wählen und zu leben.
2. Laizität
Trennung von Religion und Staat: Die Freimaurerei fördert die Prinzipien der Säkularität und setzt sich für die Neutralität des Staates in religiösen Angelegenheiten ein.
Förderung der Säkularität: Die Laizität unterstützt eine Gesellschaft, in der unterschiedliche religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gleichberechtigt koexistieren können.
3. Offenheit für Diskussionen
Freier Gedankenaustausch: Politische und gesellschaftliche Debatten sind innerhalb der Logen erlaubt und erwünscht, um den Dialog zu fördern und gesellschaftlichen Fortschritt zu unterstützen.
Förderung von Erkenntnis: Diese Offenheit unterstützt die persönliche und kollektive Entwicklung.
4. Geschlechterinklusion
Gleichberechtigte Mitgliedschaft von Frauen: Viele Obödienzen dieser Strömung, darunter der Grand Orient de France (GOdF), akzeptieren Frauen als Mitglieder. Der GOdF öffnete sich Frauen offiziell im Jahr 2010, nach einer langen inneren Debatte.
Vielfalt und Inklusion: Dies fördert die Diversität und Gleichberechtigung innerhalb der Freimaurerei.
5. Freiheit von Dogmen
Verzicht auf Dogmen: Es gibt keine Verpflichtung zu spezifischen Glaubenssätzen oder zur Anerkennung eines Höchsten Wesens.
Individuelle Spiritualität: Mitglieder können ihren eigenen Weg zur Erkenntnis finden.
6. Humanistische Werte
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit: Diese Werte bilden die Grundlage für das Engagement für soziale Gerechtigkeit und Solidarität.
Aufklärung: Die Prinzipien der Aufklärung dienen als Leitlinie für die Förderung von Rationalität, Wissenschaft und Fortschritt.
7. Wohltätigkeit und ethisches Handeln
Praktisches gesellschaftliches Engagement: Liberale Freimaurer beteiligen sich an wohltätigen Projekten und unterstützen Hilfsorganisationen sowie lokale Gemeinschaftsinitiativen.
Förderung ethischer Werte: Der Schwerpunkt liegt auf persönlicher Integrität und dem Beitrag zum Gemeinwohl.
8. Bewahrung und Anpassung von Traditionen
Rituale und Symbole: Diese werden bewahrt, jedoch in einem offenen und freien Kontext interpretiert.
Flexibilität: Reformen und Anpassungen werden akzeptiert, wenn sie die Gemeinschaft stärken und zeitgemäß sind.
Historischer Kontext und Entwicklung
Grand Orient de France (GOdF)
Ein prägendes Beispiel für die liberal-adogmatische Freimaurerei ist der Grand Orient de France (GOdF). Im Jahr 1877 schaffte der GOdF die Verpflichtung zur Anerkennung eines Höchsten Wesens ab, was ihn zu einer der ersten adogmatischen Obödienzen machte. Diese Entscheidung ermöglichte die Aufnahme von Mitgliedern unabhängig von deren religiösen Überzeugungen und festigte den Adogmatismus innerhalb der Organisation. Seit 2010 initiiert der GOdF auch Frauen als Mitglieder, was die Fortschrittlichkeit und Geschlechterinklusion dieser Obödienz unterstreicht.
Souveräner GrossOrient von Deutschland (SGOvD)
Der Souveräne GrossOrient von Deutschland (SGOvD) fördert die Prinzipien der liberal-adogmatischen Freimaurerei in Deutschland, indem er auf absolute Gewissensfreiheit, Laizität und Gleichberechtigung setzt. Seine Konstitution stützt sich auf die „Alten Pflichten“ von 1723 und passt diese an moderne Werte an. Der SGOvD bietet eine Plattform für freien Gedankenaustausch und die Förderung humanistischer Werte.
Schlüsseltexte und Manifeste
Dokumente wie der Appell von Straßburg (1961) und das Mannheimer Manifest (1995) betonen die Bedeutung der absoluten Gewissensfreiheit und die Offenheit der Freimaurerei. Sie unterstreichen das Engagement für eine inklusive Gemeinschaft ohne dogmatische Einschränkungen.
Aktuelle Relevanz
Die liberal-adogmatische Freimaurerei ist heute in vielen Ländern vertreten und fördert weiterhin die Prinzipien der Aufklärung, Toleranz und individuellen Freiheit. Sie bietet Raum für offene Reflexion und pluralistischen Dialog und bleibt ein wichtiger Akteur in der Förderung von Laizität und sozialem Engagement. Durch ihr gesellschaftliches Engagement und die Betonung der absoluten Gewissensfreiheit trägt sie zur Entwicklung offener und pluralistischer Gesellschaften bei.
Schlusswort
Die liberal-adogmatische Freimaurerei verbindet historische Traditionen mit modernen Werten. Durch ihre Offenheit, ihr gesellschaftliches Engagement und ihre Prinzipien der Toleranz und absoluten Gewissensfreiheit bleibt sie ein relevanter und inspirierender Bestandteil der Freimaurerei. Sie lädt ihre Mitglieder ein, Verantwortung zu übernehmen und einen Beitrag für eine gerechtere Gesellschaft zu leisten.
Begriff